Was ist eine Streptokokken-Infektion?
Streptokokken sind Bakterien, die sich auf der Haut, im Darm und bei fünf bis 20 Prozent der Frauen auch in der Scheide finden. Bei intaktem Immunsystem reicht die Abwehrkraft des Körpers aus, um die Erreger erfolgreich zu bekämpfen. Diese Bakterien gelten zwar nicht als "typische" Erreger einer Geschlechtskrankheit, sie können aber beim Sexualkontakt weitergegeben werden.
Wie kommt es zu Infektionen mit Streptokokken?
Bei sexuell aktiven Frauen sind in der Scheide häufig Keime festzustellen, die im Normalfall dort nicht anzutreffen sein sollten. Dazu zählt neben den Streptokokken etwa der typische Darmkeim Escherichia coli, aber auch zahlreiche andere Erreger, die ansonsten vor allem im Darm und auf der Haut zu finden sind. So lange der Selbstreinigungs-Mechanismus der Scheide funktioniert und die Vaginalflora intakt ist, müssen aufgrund dieser Keime nicht unbedingt Probleme entstehen. Liegen jedoch Störungen des Scheidenmilieus vor, können sich auch Streptokokken ausbreiten und vermehren.
Welche Symptome werden beobachtet?
Sie verursachen typische Beschwerden wie etwa verstärkten gelblichen Ausfluss und möglicherweise Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Je nach Beteiligung anderer Erreger kann dieser Ausfluss sehr übel riechen. Im Mikroskop findet sich in solchen Fällen oftmals eine Mischflora aus verschiedenen Keimen, die sich gegenseitig in ihrem Wachstum begünstigen können.
Welche Streptokokken-Stämme gibt es?
Streptokokken sind an zahlreichen Infektionen beteiligt. Schon im Altertum wurden mit diesen Bakterien in Verbindung stehende Infektionserkrankungen - z. B. Wundrose, Kindbettfieber und Phlegmone - beobachtet. 1903 wurde damit begonnen, die perlschnurartig aufgereihten Erreger nach ihrem Verhalten auf Kulturplatten zu unterteilen. Je nach Untergruppe zeigen Streptokokken ein unterschiedliches Wachstum auf den Nährmedien. Sie besitzen die Fähigkeit, Blut unterschiedlich zu zersetzen, weshalb ihre Unterteilung zunächst auch nach ihrem Hämolyse-Verhalten erfolgte: Alpha-, Beta- und Gamma-Hämolyse. Unter Hämolyse versteht man die Auflösung roter Blutkörperchen infolge der Zerstörung ihrer Zellmembran.
Weitere wichtige und klinisch relevante Unterteilungen gelangen der Ärztin Rebecca C. Lancefield 1928, indem sie die Wandstrukturen der Bakterien näher untersuchte. Auf Basis von Lancefields Erkenntnissen werden Streptokokken seitdem in die Gruppen A, B, C, D etc. eingeteilt.
Folgende Stämme sind für den Vaginalbereich relevant:
1. Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes)
Folgende Infektionen werden von diesem Erreger verursacht:
* Rachen- und Mandelentzündungen, Scharlach
* Erysipel (Wundrose)
* Phlegmonen (Entzündung der Haut)
* Lokale Infektionen können bei schlechten Bedingungen zu einer Sepsis führen
* Eine Puerperalsepsis (Kindbettfieber) geht von einer Infektion der Gebärmutterschleimhaut nach einer Entbindung aus. Deshalb empfiehlt sich bei Fieber während oder nach der Geburt und entsprechenden Auffälligkeiten eine großzügige Antibiotika-Prophylaxe.
Als Spätfolge einer Streptokokken-Infektion der Gruppe A kann - vor allem bei unzureichend oder nicht behandelten Infektionen des Rachenraumes - das Rheumatische Fieber mit einer Herz- und Nierenbeteiligung auftreten.
Kindbettfieber (Puerperalsepsis): Bei nicht rechtzeitig behandelter Gebärmutterinfektion können sich die Erreger bei ungünstigen Bedingungen über die Blutbahn im gesamten Körper ausbreiten. Beim Versuch, die Infektion in den Griff zu bekommen, setzt der Organismus Abwehrmechanismen in Gang, die unter anderem mit einer Gerinnungsaktivierung einhergehen. Dadurch kommt es im weiteren Verlauf zu einem Verbrauch der Gerinnungsfaktoren, wodurch die Blutgerinnung nicht mehr möglich ist. Die Folge sind Einblutungen, Organversagen, Schock mit Kreislaufversagen und Tod. Diese geburtshilfliche Komplikation ist mittlerweile sehr selten geworden.
2. Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe B (Streptococcus agalacticae)
Von Bedeutung ist diese Gruppe bei folgenden Erkrankungen:
* Wundinfektionen
* Sepsis
* Hirnhautentzündungen
* Harnwegsinfektionen
* Neugeborenensepsis
Besonders gefürchtet ist die Neugeborenensepsis. Man unterscheidet dabei eine rasche, unmittelbar nach der Geburt auftretende Form (early onset) und eine etwas später auftretende Form (late onset). Die early-onset-Form wird vor allem im Fall des vorzeitigen Blasensprungs bei nachgewiesener Scheidenbesiedelung durch Streptokokken begünstigt. Das Neugeborene zeigt eine lebensbedrohliche Allgemeininfektion, die durch Schock, Hirnhautentzündung und Atemnotsyndrom gekennzeichnet ist. Nur eine früh einsetzende, konsequente Therapie kann die Sterblichkeit senken, die mit 20 bis 50 Prozent angegeben wird. Bei der late-onset-Form spielt auch die Umgebung des Neugeborenen als Infektionsquelle ein Rolle.
Streptokokken der Gruppe B in der Schwangerschaft
Eine vorgeburtliche Therapie bei Nachweis von B-Streptokokken wird nicht in jedem Fall als sinnvoll erachtet. Nur wenn zusätzliche Risiken, wie vorzeitige Wehen hinzukommen, ist eine Behandlung mit Antibiotika anzuraten.
Bei Nachweis von Streptokokken der Gruppe B wird eine vorbeugende Antibiotikagabe während der Geburt empfohlen, wenn:
* eine Frühgeburt vorliegt (<37. SSW)
* das Geburtsgewicht unter 2500 g geschätzt wird
* ein vorzeitiger Blasensprung der bereits 12 bis 18 Stunden vorliegt, ohne dass die Geburt einsetzt
* schon bei einer vorangegangenen Geburt eine kindliche Streptokokken-Infektion aufgetreten ist
* während der Schwangerschaft eine Harnwegsinfektion durch Streptokokken B bestanden hat
* ansteigende Infektionsparameter oder andere Anzeichen einer Infektion bei Mutter und Kind während der Geburt auftreten
Wie sieht die Behandlung aus?
In der Scheide nachgewiesene Streptokokken müssen nur bei ausgeprägten Symptomen mit Antibiotika behandelt werden. In vielen Fällen hilft es, die körpereigene Abwehr zu stärken und den Selbstreinigungs-Mechanismus der Scheide anzuregen. Auch können lokal desinfizierende Maßnahmen unterstützend wirken.
Wodurch werden solche Infektionen begünstigt?
* Östrogenmangel
* falsche Intimhygiene, die zur Zerstörung der Scheidenbiologie führt
* Allgemeinerkrankungen wie z. B. Diabetes
* Fremdkörper in der Scheide (z. B. bei Kindern: Nüsse, Murmeln, Legosteine etc.)
Wie kann man sich selbst schützen?
* Erhaltung des natürlichen, sauren Scheidenmilieus
* Vermeiden von Scheidenspülungen, Intimsprays oder Intimpflegemittel
* Tägliche Reinigung des Scheidenbereichs mit klarem Wasser
* Regelmäßiges Wechseln von Unterwäsche und Handtüchern